Bohl & Collegen Rechtsanwälte

Kanzlei für den öffentlichen Sektor

 

 

Die Rechtsanwälte unserer Kanzlei nehmen in öffentlichen Anhörungen (z.B. in Gesetzgebungsverfahren) als Experten Stellung. Hier finden Sie eine aktuelle Auswahl entsprechender von uns verfasster Stellungnahmen:


Öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen

des Deutschen Bundestages am Montag, den 22. Februar 2021 zum Thema

Baulandmobilisierungsgesetz:

auf Grundlage des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Entwurf eines Gesetzes zur Mobilisierung von Bauland (Baulandmobilisierungsgesetz) -BT-Drucksache 19/24838, 19/26023 sowie neun Anträgen der Oppositionsparteien zu dem Gesetz.

RA Johannes Bohl war als Vorstandsmitglied der UVP-Gesellschaft e.V. als einer von 12 Experten zur Anhörung geladen. Er hat dazu vorab eine schriftliche Stellungnahme abgegeben und hat in der öffentlichen Video-Konferenz zudem auf mündliche Fragen zur Wiedereinführung des § 13b BauGB geantwortet.

Die UVP-Gesellschaft sieht in dieser Vorschrift einen Verstoß gegen Art. 3 der SUP-Richtlinie, weil ohne Umweltprüfung eine Neuinanspruchnahme von Flächen für die Bebauung in keineswegs geringfügigem Umfang ermöglicht wird. Dabei ist nicht hinreichend sichergestellt, dass keine erheblichen Umweltauswirkungen auftreten können. Dies hat der Gesetzgeber weder abstrakt geprüft und beurteilt noch findet eine ansonsten geforderte Vorprüfung möglicher Umweltauswirkungen im Einzelfall statt. Über die bereits im Jahre 2017 von der UVP-Gesellschaft mit Unterstützung weiterer Umweltverbände erhobene Beschwerde zur Europäischen Kommission ist bis heute nicht entschieden.

Die Evaluation der Vorschrift sowie weitere wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die Vorschrift zu einem erheblichen Zuwachs an bebauter Fläche insbesondere bei süddeutschen ländlichen Gemeinden geführt hat. Die Chance, ohne Umweltprüfung und insbesondere ohne Ausgleich für den Flächen- und Umwelteingriff eine Bauleitplanung betreiben zu können, hat sich als wesentliches Motiv erwiesen. Das belegt, wie diese Vorschrift dem Gedanken des vorbeugenden Umweltschutzes zuwiderläuft.

In der Ausschusssitzung wurde auch von anderen Experten Kritik an der geplanten Wiedereinführung der Vorschrift geäußert. Dabei wurde auch die wohnungsbaupoltisch negative Wirkung angeführt, weil über diesen Bebauungsplantyp in erster Linie Gebiete für Ein- und Zweifamilienhäuser errichtet werden. Diese Nutzungstypen sind mit überproportional hohem Flächenverbrauch verbunden und wirken sich auf die aktuelle Problematik des angespannten Wohnungsmarktes (hohe Mietpreise in Ballungsgebieten) quasi nicht aus. Befürworter der Wiedereinführung der Vorschrift fanden sich nicht.

Gleichwohl ist realistischer Weise damit zu rechnen, dass das Gesamtpaket des Baulandmobilisierungsgesetzes nicht mehr aufgeschnürt und in Kürze diese Vorschrift – wenngleich befristet bis 2023 – wieder in Kraft gesetzt werden wird.

Die weiteren Themen der öffentlichen Expertenanhörung kreisten im Schwerpunkt um wohnungspolitische Fragen (verschiedene Instrumente zur Nachverdichtung zu Gunsten der Schaffung von günstigem Wohnraum in Ballungszentren). Von Bedeutung für die Umwelt ist dabei vor allem die geplante „Nachschärfung“ des Instruments des Baugebotes nach § 176 BauGB. Diese Vorschrift findet bislang aufgrund ihrer sehr schwierigen Anwendungsvoraussetzungen und hohem Potential zu riskanten Rechtsstreitigkeiten nahezu keine Anwendung in der Praxis. Die Expertenanhörung zeigte, dass von politischer Seite hohe Erwartungen an die Möglichkeit von Baugeboten zur Aktivierung von Baulücken gesetzt werden, während die Experten insoweit wenig euphorisch kaum Wirkungen erwarten.

 

"Die Verfassung begründet auch ... eine Schutzpflicht des Staates, die es ihm gebietet, sich schützend und fördernd vor das Leben jedes Einzelnen zu stellen."
Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 25. Februar 1975 – 1 BvF 1/74 –, Rn. 153

 

 

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